Sparprogramm bei linker Denkfabrik

Geschäftsführerin Daniela Trochowski über die Zukunft der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Die Linksfraktion im Bundestag hat sich in zwei Gruppen gespalten, die Linkspartei ringt um Stabilität. Wie geht es der Rosa-Luxemburg-Stiftung?

Die Probleme der Linkspartei gehen nicht spurlos an uns vorbei. Wir stellen uns die Frage, welche Debatten wir anstoßen und führen sollten, welche Bildungsangebote wir entwickeln müssen, um Die Linke wieder zu stärken. Unsere Aufgabe ist es, Diskussionsräume anzubieten zu den großen Themen wie soziale Gerechtigkeit, sozial-ökologische Transformation und Friedenspolitik. Wir können dabei auch eine neutrale Instanz in den innerparteilichen Auseinandersetzungen sein. Und zweitens geht es darum, wie sich die Lage der Linken und die Spaltung der Fraktion auf die finanzielle Situation der Stiftung auswirken.

Was sagt das seit Jahresbeginn geltende Stiftungsgesetz dazu?

Nach dem Stiftungsfinanzierungsgesetz wird eine politische Stiftung für die gesamte Legislaturperiode finanziert, wenn die ihr nahestehende Partei als Fraktion in den Bundestag eingezogen ist. Das heißt zum Glück, dass unsere Arbeit derzeit kaum beeinträchtigt ist. Perspektivisch kommen allerdings große Herausforderungen auf uns zu.

Im November des letzten Jahres wurde den Stiftungsmitarbeitern angekündigt, dass drastische Einschnitte bevorstehen. Damals war von Stellenabbau im hohen zweistelligen Bereich die Rede. Warum ist das so – und was heißt das praktisch?

Bei der Berechnung der staatlichen Zuwendungen schlagen ab der nächsten Bundestagswahl sowohl das schlechte Wahlergebnis der Linken bei der letzten Wahl 2021 und das zumindest nach aktueller Einschätzung wohl verhaltene Ergebnis der Linken 2025 zu Buche. Dagegen fällt ihr sehr gutes Abschneiden von 2009 mit 11,9 Prozent aus der Berechnung des Finanzierungsanteils der Stiftung am Gesamttopf heraus. Wir müssen heute davon ausgehen, dass wir ab 2026 pro Jahr mindestens 7 Millionen Euro weniger zur Verfügung haben. Darauf müssen wir uns einstellen. Die Personalausgaben sind der größte Block unserer Ausgaben. Deshalb werden wir rund 40 Prozent der derzeitigen Stellen streichen müssen.

Inwieweit konnten und können die Mitarbeiter bei diesen Überlegungen mitreden?

Die Kolleginnen und Kollegen machen schon jetzt Vorschläge, wo jenseits der Personalkosten gespart werden kann. Wir rücken zum Beispiel in unserem neuen Stiftungsgebäude zusammen, weil wir keine Miete mehr für externe Büroflächen zahlen möchten. Dieses Zusammenrücken wird von den Kolleg*innen gerade sehr solidarisch praktiziert. Der Prozess der Betriebsänderung, in den wir bei so drastischen Einschränkungen laut Betriebsverfassungsgesetz eintreten müssen, ist eine Sache zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat; wenn es um einen Tarifvertrag gehen sollte, zwischen Geschäftsführung und Gewerkschaft. Die Kolleginnen und Kollegen werden sich mit Vorschlägen und Kritik über ihre Vertretungen einbringen.

Was ist eigentlich neu am neuen Stiftungsgesetz?

Zunächst muss man sagen, dass es zum ersten Mal eine Rechtsgrundlage für die Finanzierung der politischen Stiftungen bietet. Darin wurden einige Finanzierungsgrundlagen aufgegriffen, die es bei der Stiftungsfinanzierung bisher schon gab, zum Beispiel die Berücksichtigung der letzten vier Wahlergebnisse der Bundestagswahlen bei der Ermittlung des Finanzierungsanteils, der sogenannten Quote. Neu und durchaus herausfordernd ist der Umstand, dass die neue Quote direkt im Jahr nach der jeweiligen Wahl angewendet wird. Bisher hatten wir Stiftungen ein Jahr Zeit, uns darauf einzustellen. Darüber hinaus sehe ich Schwierigkeiten bei der Frage der Verfassungsmäßigkeit von Stiftungen als Finanzierungsvoraussetzung. Die Frage, wie das kontrolliert und gegebenenfalls festgestellt wird, ist derzeit offen.

Das heißt, die Rosa-Luxemburg-Stiftung könnte aus dieser Richtung eventuell auch mal bedroht sein?

Verfassungsschutzämter sind ja keine unabhängigen Behörden, sondern dem Innenministerium unterstellt. Und die Erfahrung zeigt, dass der Verfassungsschutz sich nicht unbedingt auf die rechte Gefahr fokussiert, sondern auf dem rechten Auge oft blind ist. Umgekehrt werden linke Organisationen, ja selbst Musikbands, sehr schnell in die Ecke der Verfassungswidrigkeit gestellt. Ich wurde zum Beispiel bei einer Anhörung beim Bundesverfassungsgericht nach unserer Zusammenarbeit mit Umweltaktivisten von Ende Gelände befragt. Diese Gruppe steht im Verfassungsschutzbericht von Nordrhein-Westfalen. So etwas wurde sonst bei keiner politischen Stiftung problematisiert. Hier sehe ich Probleme, wenn zum Beispiel die Verfassungsmäßigkeit durch Verfassungsschutzdienste überprüft werden würde.

Was passiert, wenn es Die Linke nächstes Jahr nicht in den Bundestag schafft?

Die Stiftung wird es weiter geben. Sie ist ja ein gemeinnütziger Verein. Sollte Die Linke 2025 tatsächlich an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, werden wir laut Stiftungsgesetz noch eine Wahlperiode staatlich finanziert, allerdings – wie gesagt – mit deutlich weniger Geld. Wir werden natürlich unseren Teil dazu beitragen, dass das nicht geschieht. Die Linke muss als politische Kraft relevant bleiben.

Was bedeuten die jetzt anstehenden Einschnitte für die Arbeit der Stiftung? Was kann sie nicht mehr leisten?

Um das zu beantworten, werden wir in den nächsten Wochen jeden Stein umdrehen. Wir prüfen, wo sich Doppelstrukturen entwickelt haben, die abgebaut werden müssen. Kleine »Orchideen«-Themen, die zwar ihr Publikum haben, aber nur begrenzt wirksam sind, stehen auf dem Prüfstand. Und bei unseren inhaltlichen Schwerpunkten ist eine Konzentration auf Kernfragen notwendig. Diese inhaltliche Debatte, aber auch die Debatte über unsere Bildungsformate werden wir im Frühjahr intensiv führen. Da spielt dann auch hinein, dass sich politische Diskussionen und Schwerpunkte permanent verändern. Wir müssen einerseits herausfiltern, was unsere langen Linien sein sollen, aber andererseits in der Lage sein, auf wichtige aktuelle Entwicklungen reagieren zu können.

Ein Vorwurf von Sahra Wagenknecht an Die Linke ist, diese habe ihre Zielgruppe aus dem Auge verloren – Arbeiter, Rentner, sozial Benachteiligte. Inwieweit ist das eine Zielgruppe für eine Stiftung mit teils wissenschaftlichem Anspruch?

Wir haben seit einiger Zeit Angebote für Berufsschulen und werden ab diesem Jahr Stipendien nicht nur an Studierende und Doktoranden vergeben, sondern auch an Auszubildende. Unsere Aufgabe ist ja grundsätzlich nicht nur die theoretische Analyse, sondern auch die politische Bildung. Hier geht es darum, unsere Erkenntnisse für alle, die sich im linken Spektrum verorten, zu übersetzen. Gleichzeitig wollen wir Menschen, egal ob Studierende, Arbeiterinnen und Arbeiter, Akademiker oder sozial Benachteiligte, in die Lage versetzen, für ihre Interessen einzutreten. Unser Streben, in dieser Gesellschaft das vermeintlich Undenkbare denk- und debattierbar zu machen, konzentriert sich dabei schon jetzt auf die genannten Zielgruppen.